Luftschichten

Luftschichten sind hinsichtlich ihrer Eigenschften im Wärmeschutz ein Spezialfall. Ihre Dämmeigenschaften hägen von der Luftbewegung ab. Luft selbst hat sehr gute Dämmeigenschaften mit einer Wärmeleitfähigkeit von 0,0262 W/mK. Das wäre doppelt so gut wir PUR.

In der Praxis ist der Wert aber nicht brauchbar. Luft bewegt sich auch in einem geschlossenen Raum aufgrund der Temperatur- und damit Dichteschwankungen. Durch diese Bewegung findet ein Wärmetransport statt. Man spricht auch von natürlicher Konvektion, die in der Realität in jedem Luftvolumen vorkommt. Neben der natürlichen Konvektion kann auch sogenannte erzwungene Konvektion auftreten. Beispiele für erzwungene Konvektion sind:

 

- Wind an einer Außenwand (der in der Atmosphäre durch natürliche Konvektion entstanden ist)

- Lüftungsanlagen

- Durch Bewegung von Bewohnern oder Türen entstandene Luftbewegungen in Innenräumen

 

Zusätzlich zur Konvektion findet Wärmetransport auch durch Wärmeleitung, also atomare Zusammenstöße wie in Festkörpern auch, und Wärmestrahlung statt. Der gesamte Prozess ist also sehr komplex.

 

In der Praxis sind Luftschichten daher in Abhängigkeit von Dicke, Lage und ihrer Abgeschlossenheit genormt, so dass vielen Fällen, die auch in der Praxis auftreten, bestimmte Dämmeigenschaften zugewiesen werden können.

Dabei wird erstmal unterschieden zwischen ruhenden, schwach- und stark bewegten Luftschichten. Diese Unterscheidung wird je nach Öffnungsfläche getroffen.

 

Am Beispiel von zweischaligem Mauerwerk können die unterschiedlichen Arten von Luftschichten im Wärmeschutz gut erklärt werden.

In älteren Gebäuden findet man häufig geschlossene Luftschichten, die außen und innen von einer Schicht Vollklinker eingeschlossen werden. Es handelt sich um eine geschlossene Luftschicht, da keine Lüftungsöffnungen vorgesehen sind.

 

/// Bild 1: Außenwand Vollklinker mit Luftschicht ///

 

Schwach belüftete Schichten in Mauerwerken werden durch folgende Grenze (willkürlich) festgelegt. Wenn pro umlaufendem Meter einer Außenwand weniger als 1500 mm² Öffnungsfläche vorhanden sind, spricht man von schwach belüfteter Luftschicht, ansonsten von stark belüfteter Lüsftschicht. Der Wert ist sehr abstrakt, aber er entspricht ungefähr drei Vertikalen Fugen zwischen Steinen Dünnformat.

 

/// Bild 2: Vergleich von schwach- und stark gedämmter Außenwand ///

 

Nicht jede offene Fuge ist eine Belüftungsöffnung. Bei Kerndämmungen beispielsweise handelt es sich um Drainagefugen.

 

 

Luftschichten im Wärmeschutz

 

In der folgenden Tabelle sind Werte für verschiedene vertikale, ruhende Luftschichten nach EN ISO 6946 entsprechend ihrer Dicke angegeben. Dabei handelt es sich um Wärmedurchlasswiderstände. Zur besseren Vergleichbarkeit sind die sich daraus ergebenden equivalenten Wärmeleitfähigkeiten der Luftschichten angegeben.

Luftschichtdicke Wärmedurchlasswiderstand eq. Wärmeleitfähigkeit
[mm] [m²K/W] [W/mK]
0 0,00 0,00
5 0,11 0,04
7 0,13 0,05
10 0,15 0,07
15 0,16 0,09
25 0,18 0,14
50 0,18 0,28
100 0,18 0,56
300 0,18 1,67

Der praktisch relevante Bereich, also der konstruktiv gut umsetzbare, sind Luftschichten von 2,5 cm bis 10 cm. In dem Bereich fällt folgendes auf:

 

1. Ab ca. 2,5 cm Dicke erhöht sich der Wärmedurchlasswiderstand der ruhenden Luftschicht nicht mehr. Der Wärmefluss durch eine 2,5cm dicke, ruhende Luftschicht ist also gleich dem durch eine 10 cm dicke, ruhende Luftschicht.

2. Die equivalente Wärmeleitfähigkeit in diesem Bereich liegt bei 0,14...0,56 W/mK

 

Schwach und stark belüftete Luftschichten werden nach EN ISO 6946 dann folgendermaßen behandelt:

 

- schwach belüftete Luftschichten werden mit der Hälfte des Wärmedurchlasswiderstandes von ruhenden Luftschichten angenommen.

- stark belüftete Luftschichten haben keinen Dämmwert, zudem hört das Bauteil im Wärmeschutz an der Grenze zu stark beüfteten Luftschicht auf. Beispielsweise hat bei einer stark hinterlüfteten zweischaligen Mauer die Klinkerschale keine Bedeutung mehr für den Wärmeschutz, sondern ist eine reine Wetterschutzschale.

 

Zum Vergleich sind in der folgenden Tabelle für eine 4 - 25 cm dicke Luftschicht (ruhend sowie schwach belüftet) die notwendigen Dämmstärken von einige Baustoffen angegeben. Es handelt sich bei den Baustoffwerten um gängige Anhaltswerte.

Vergleich von Baustoffen mit gängiger Luftschicht im Mauerwerk (2,5...25cm dick)
Baustoff

Wärmeleitfähigkeit

Baustoff

Dicke gegenüber

Luftschicht, ruhend

Dicke gegenüber

Luftschicht, schwach belüftet

  [W/mK] [cm] [cm]
Normalbeton 1,35 24,3 12,2
Vollklinker 1,2 21,6 10,8
Kalksandstein 1,1 19,8 9,9
Porenbeton 0,12 2,2 1,1
Mineralwolle 0,035 0,6 0,3
Polyurethan (PUR) 0,025 0,5 0,2

Die Ergebnisse sind für den Wärmeschutz sehr eindeutig:

 

- Gegenüber klassischen Baustoffen wie Klinker, Beton oder Kalksandstein machen Luftschichten zur Wärmedämmung Sinn

- Gegenüber Dämmstoffen und modernen Baustoffen schneiden Luftschichten im Wärmeschutz schlecht ab.

 

Daher werden Luftschichten eigentlich nur noch zum Feuchteschutz eingesetzt. Und man findet sie natürlich noch sehr häufig in älteren Bestandsgebäuden.

 

 

Luftschichten im Feuchteschutz

 

Trotz der begrenzten Leistungsfähigkeit im Wärmeschutz sind gerade stark belüftete Luftschichten im Feuchteschutz eine sehr robuste Lösung. Eine Dämmebene, die durch eine Luftschicht gut belüftet ist und diffusionsoffen, neigt nicht zur Schimmelbildung. Die Dämmebene kann vollständig wiederaustrocknen. Daher sind beispielsweise zweischalige Mauerwerke gegenüber modernen WDVS viel beständiger und müssen nur sehr selten gewartet werden.

Ein weiteres Beispiel ist das Steildach. Wenn ausreichrend Luftzirkulation über der Dämmebene stattfinden kann, werden weder Dämmebene noch die Holzkonstruktion des Dachstuhl dauerhaft feucht. Gerade bei sehr gut gedämmten Dächern ist die Fähigkeit zum Austrocknen eingeschränkt, weswegen Dammsperren zum Einsatz kommen, um Feuchtigkeit im Bauteil von vorne herein zu verhindern.

 

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© Christoph Mevenkamp